Etwas nervös spielt Jessica Alba in ihren kastanienbraunen Haaren, die eine übergroße Schleife locker zusammenhält. Abwechselnd streicht sie ein paar Strähnen mal über die linke, dann die rechte Schulter. Ihr sommerliches Trägerkleid mit den blauen Streifen passt perfekt zur Location, die sie für die Vorstellung ihrer Kosmetiklinie „Honest Beauty“ gewählt hat: das Hamburger Luxushotel The Fontenay mit Blick auf die Alster, auf der Segelschiffchen ihre Bahnen ziehen. 

Von dem etwas mädchenhaften Outfit darf man sich nicht ablenken lassen. Die 38-Jährige Hollywood-Schauspielerin hat es als Gründerin von „The Honest Company“ längst auf die Cover großer US-Magazine wie „Forbes“ oder „Inc.“ geschafft. Der Nettowert des Unternehmens, welches Alba 2011 kurz nach Geburt ihres ersten Kindes gründete, wird von Experten auf rund eine Milliarde Dollar geschätzt. Das Erfolgsrezept? Ökologisch unbedenkliche Beauty- und Haushaltsprodukte mit natürlichen Inhaltsstoffen und hoher Wirksamkeit. Die europäischen Fans stehen bereits Schlange. 

Jessica Albas zweite Karriere reiht sich ein in eine wachsende Liste von Entertainment-Größen, die ihr Talent für andere Businesses entdecken, von Gwyneth bis Reese. Wenn Kunden happy sind und der Umsatz stimmt, kann es der Selfmade-Woman herzlich egal sein, dass ihre neue Cop-Serie „L.A.’s Finest“, die in Deutschland ab Herbst auf dem Pay-TV-Sender „AXN“ ausgestrahlt wird, bei amerikanischen Journalisten vorwiegend schlechte Kritiken erntete. Alba lässt sich von pessimistischen Stimmen nicht irritieren. Sie hat mit Honest Beauty volle Fahrt aufgenommen.

Hätten Sie vor acht Jahren gedacht, dass „The Honest Company“ jemals so erfolgreich wird?

Ich hatte keine Ahnung, wie knallhart es ist, ein Business zu gründen. Viele denken, wenn du eine bekannte Schauspielerin bist, fliegt dir der Erfolg einfach so zu. Das ist ein Irrtum. Investoren lassen sich jedenfalls nicht davon beeindrucken, dass Leute gern Selfies mit mir machen. Ich musste mit einem guten Businessplan überzeugen. 

Hat Ihnen Ihre Hollywoodkarriere trotzdem geholfen?

Als Schauspielerin kann ich mit Zurückweisungen gut umgehen. Nicht talentiert genug, nicht schön genug.Das alles hatte ich schon tausendmal gehört. Ich war abgehärtet. Davon konnte ich in den Gründerjahren von Honest natürlich profitieren.

Auch im Filmgeschäft mussten Sie sich durchbeißen.

Schon vor meinen ersten Castings wusste ich genau, welchen Frauentyp ich verkörpern wollte: eine moderne Amerikanerin mit mexikanischen Wurzeln. Das war ich und so sah ich mich auch. Leider hatte Hollywood Ende der Neunziger keinen Bedarf dafür. Eine stereotypische Latina-Rolle kam für mich jedenfalls nicht in Frage. 

In „Dark Angel“ spielten Sie ab 2000 schließlich eine selbstbewusste Superheldin im hautengen Lederoutfit. Ist dieses Frauenbild seit #metoo noch zeitgemäß?

Absolut. Eine intelligente und mächtige Protagonistin muss keine geschlechtslose Hülle sein. Ich habe einen echten Körper und bin stolz auf jede weibliche Rundung. Es hat sich jedenfalls noch niemand beschwert, dass George Clooney oder Leonardo DiCaprio zu sexy für eine Rolle waren. 

In Ihrer neuen Serie „L.A.’s Finest“ spielen Sie ein Polizistin. Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?

Meine Figur sollte möglichst authentisch sein. Die Zuschauer stellen sich weibliche Cops immer in hochgeschlossener Bluse, weit geschnittener Jeans und derben Stiefeln vor. Womöglich noch mit Cowboy-Gürtel. Dazu streng zurückgebundene Haare und niemals Make-up. Die Wirklichkeit sieht definitiv anders aus. Die Frauen, die ich in der Mordkommission von Los Angeles getroffen habe, hatten gemachte Nägel, knallrote Lippen und waren auch sonst extrem gut gestylt. Echte Frauen eben.

Wie schaffen Sie es zwei Jobs und Familie unter einen Hut zu bringen?

Es ist eigentlich unmöglich. Meine Drehtage sind extrem lang. In den Pausen telefoniere ich mit meinen Kindern, die öfters auch mit zum Set kommen, oder schiebe kurzfristig ein Meeting mit den Honest-Kollegen ein. Zwischendurch versuche ich zu meditieren – und wenn es nur drei Minuten sind.

Vergleiche mit anderen Hollywood-Schauspielerinnen, die ebenfalls nebenher ein Unternehmen leiten, finden Sie eher überflüssig.

Das ist so typisch in dieser von Männern dominierten Welt. Wenn ein paar wenige Frauen mal mit irgendetwas erfolgreich sind, werden sofort Vergleiche angestellt. Die Leute sollten uns einfach machen lassen.

Dieses Interview erschien 2019 in Gala.

Foto: Walt Disney Television

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